Das Portrait

Diese Stelle möchten wir gerne einer interessanten Persönlichkeit widmen oder auch ein interessantes Projekt vorstellen. Was treibt diese Menschen voran - wofür begeistern sie sich.

Möchten Sie selbst auch gerne eine Person - oder ein Projekt vorstellen? Gerne nehmen wir Anregungen Ihre Anregung auf. Sprechen Sie uns an.


    • Ein paar kurze Begriffe - welche Worte fallen Ihnen dazu ein?

      Ökos:

      In den Neunzigern irgendwie ein Schimpfwort - das hat mich aber nie sonderlich betroffen.

      Gemeinschaft:

      Familie.

      Nachhaltigkeit:

      Was passiert eigentlich wenn diese neuen Häuser abgerissen werden?

      Alles ist mit Plastik verschmiert und verbunden. Ein Ingenieur mit dem ich mich über dieses Thema unterhielt, gab zu bedenken, dass es noch eine Lawine auf uns zurückkommen wird, wenn diese Häuser abgerissen werden. Eine Thermofassade hält 25 Jahre, aber was passiert dann?

      Ich habe mal eine Pfandtour gemacht. Auf dieser Tour habe ich nur von dem Pfand aufgesammelter Flaschen aus dem Straßenrand gelebt. Abends konnte ich dann meine Pizza davon bezahlen. Ich bin durch Deutschland gefahren und danach hatte ich einen anderen Eindruck von dem Müll.

      Geld:

      Das Geld ist jetzt erstmal weg :-), aber das ist sowieso nicht unseres. (Lachen) Wir können dies Haus abbezahlen, bis ich in die Rente gehe. Es war ein bisschen komisch, wir mussten, nachdem alles fertig war und die großen Rechnungen bezahlt waren, ein bisschen innehalten und gucken, dass wir das Geld nicht weiterhin so raushauen.

      Grünkern-Bratlinge:

      Davon esse ich wohl einen, das ist okay. Wenn ich sehr viel Hunger habe, dann gehen auch wohl zwei.

      Zufriedenheit:

      Bin ich. Durch die lange Bauzeit, ich hatte naiverweise gedacht, dass wir in zweieinhalb Jahren im Haus sind, (es ja fast vier Jahre daraus geworden) hat mich hat mein Zustand in der alten Wohnung so genervt, dass wir jetzt zufrieden sind.

      Vegetarier:

      Ich bin kein Vegetarier. An der Sporthochschule forschen wir auch dazu und ein bisschen Hintergrundwissen dazu besitze ich. Wenn ich alleine bin, esse ich etwas anderes, als wenn wir zu viert sind. Da kommt auch mal die Tiefkühlpizza raus.

      Veganismus:

      Eine Frau ist am Mount Everest gestorben.

      Ehrlich?

      Ja, Veganer oder Vegetarier sind auf den Mount Everest oder die Seven-Summits gestiegen, um zu beweisen, dass sie nicht mangelernährt sind. Jeder sollte meiner Meinung nach essen, was er will, nur häufig erscheinen mir die Menschen zu missionarisch und das gefällt mir dann nicht so gut.

      Wir haben eine Nachbarin, die ist Vegetarierin. Sie kommt aber auch zu uns, wenn wir grillen und legt dann einfach ihr Essen dazu. Lass die Leute machen was sie wollen. Das machen wir auch.

      Wenn Sie aus Ihrer Lebenserfahrung der ökologischen Bewegungen, den Betrieben, die sich verbunden haben, ihre Erfahrung mit auf den Weg geben würden, was, würden Sie diesen Menschen empfehlen?

      Also, man sollte sich überlegen, an wenn man sich wendet und mehr auf die Handwerker selbst einwirken.

      Ich denke an den Toni den Bauunternehmer, einen Kosovaren, der einerseits einiges belächelt, weil er selten damit in Kontakt kommt (sonst nur mit Styropor und Beton) und dem es dann, letzendlich, sehr gut gefällt. Diese Handwerker sollten mehr ins Boot geholt werden. Erst werden Witze darüber gemacht aber nachher wundert man sich über das gute Klima und dass es sehr schön aussieht.

      Wir hatten hier mehrfach den Tag des offenen Denkmals und haben Leute getroffen, die es vorhaben und die es gemacht haben. Und diese Leute haben alle dieselben Erfahrung gemacht: das es viel Arbeit ist und es sich im Endeffekt lohnt.

      CO2-Rucksack?

      Kenn ich nicht :-) Hm, das ist interessant. Meine CO2-Bilanz würde mich mal interessieren. Vielleicht können Sie mir mal ausrechnen, wie viel so ein tolles Energie-Effizienz-Haus oder so ein altes Gebäude (saniert) kostet. Aber bis es da steht …


      Herzlichen Dank für das Gespräch,

      Karl Schmitz, Vera Lohmann
    • Sie sind viel in der Welt unterwegs. Was nehmen mit sie von anderen Menschen, von anderen Kulturen?
      Eine große Tour (über 4 Monate) haben wir zu dritt, nach dem Studium, mit dem Fahrrad unternommen. Wir sind von China nach Köln mit dem Fahrrad gefahren. Unsere Reise ging durch China, Zentral-Asien, Syrien und Türkei und mit der Fähre bis Venedig und dann hoch.

      Und da habe ich mit genommen – als erstes Gelassenheit. Immer ruhig bleiben – et kütt wie et kütt. Wir wussten nicht was am nächsten Tag kommt und es macht keinen Sinn sich über ungelegte Eier aufzuregen. Man muss die Dinge auf sich zukommen lassen und dann warten. Ein Ding, was ich abgelegt habe, war meine Uhr, seitdem trage ich keine Uhr.

      Wo war es gut für Sie zu vertrauten und wo gut vorsichtig zu sein?

      Ich habe jedem gegenüber, grundsätzlich, eine positive Einstellung. Jeder Mensch ist neu und nur weil der eine mich geschlagen hat (was vorgekommen ist) muss der andere mich nicht auch schlagen. Das lernt man auch. In Kurdistan war Krieg. Wir haben mit den türkischen Militärs zusammen gesessen als auch mit den Kurden. Wir wurden beschimpft und geschlagen - und wir wurden eingeladen und reichlich beschenkt. Das nehme ich mit.

      Durch das Reisen haben meine Frau (die selbst auch viel gereist ist) und ich viel Vertrauen und Erfahrung gesammelt. Mit dem Blick auf die Flüchtlingskrise merken wir unseren großen Erfahrungsschatz. Uns ist ein Kurde oder Syrer genau so nah wie ein Bayer oder ein Nachtbar, 3 Straßen weiter.

      Das was uns auf all unseren Reisen vereint hat, war der Sport. Wenn man unterwegs ist kommt man immer sehr schnell auf Fußball. Darüber kann man reden und dann hat man eine gemeinsame Basis.

      Wenn ich persönlich fragen darf –wie kam das mit dem Wunsch nach Kindern?

      (Ein Lachen) Na, dann fragen Sie doch mal die Frauen. Man muss sich von dem einem Leben verabschieden und auf etwas Neues einlassen.

      Dann hat das Haus damit zu tun, dass Sie jetzt sesshaft geworden sind?

      Es kam aber auch von innen, dieses Haus ist der familiären Situation geschuldet.

      Wenn Sie dieses Haus noch einmal bauen würden, würden Sie etwas anderes machen?

      Einiges. Ich würde mir mehr Mühe geben Spezialisten für Fachwerksanierung zu finden, die wirklich ihr Handwerk verstehen. Einige Dinge würde ich wieder so machen, zum Beispiel, die Arbeit mit dem Restaurator.Ich würde auch auf den letzten Rest Styropor verzichten.


    • Sie waren ja viel unterwegs in Ihrem Leben – deshalb die Frage, wo würden Sie am liebsten wohnen? Und wie?

      Auf die Dauer gesehen weiß ich das nicht. Ich komme aus dem Ruhrgebiet und muss jetzt nicht in der Blockhütte in Alaska wohnen. Hier im Vorgebirge ist es gut, es ist ein guter Kompromiss. Ich arbeite in Köln und möchte mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren können. Wir haben zwei Kinder und hier eine nahe Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Das ist praktisch.

      Im ersten Moment, als dieses Haus ausgeschrieben wurde, habe ich gedacht „Nee, zu viel Arbeit!“ Meine Frau hat aber auf den Termin bestanden. Wir sind hierhin gefahren und hat es Klick gemacht. Wir wollten etwas Altes haben, nicht unbedingt Fachwerk, aber ein Haus mit Geschichte, dort wo Menschen gelebt haben. Später ging es dann um das wie. Mit Architekten – mit Ingenieur – mit dem Schwiegervater. Alle haben dann gesagt: „Naja, es geht schon – aber es dauert.“

      Welche Materailien haben Sie verwendet?

      Dieses Haus wurde größtenteils mit Hanf als Dämmstoff gedämmt. Dazu haben wir haben im Fachwerk als Innendämmung Holzfaserplatten. Das Dach wurde mit Hanf gedämmt, sowie das neue Treppenhaus und der neue Holz-Ständerbau des alten Anbaus.

      Da ich von Haus aus Chemiker bin, besitze ich ein grundsätzliches Verständnis der Materialeigenschaften. Also wir das Haus auseinandergenommen haben, war es klar, was nicht funktionieren kann. Synthetisches Materialien, Materialien auf Erdölbasis und dichte Materialien haben meiner Meinung nach, hier drin nichts zu suchen. Ökologisches Bauen war nie vorher eine Prämisse. Es fing mit dem Lehm an. Ich habe mich informiert, mich eingelesen, mich beraten lassen. Danach ging es weiter und es ergab für mich einen Sinn.

      Können Sie die Geschichte des Hauses erzählen?

      Gebaut wurde dieses Haus um 1850 von der Familie Christian Schlitzer, das waren Obst- und Gemüsehändler. Vorher stand hier nichts an dieser Stelle im Lehmtal. 1870 taucht das Haus in den Bevölkerungslisten auf. Es scheint vorher auch so ausgesehen zu haben. Wir haben eine Katasteramtkarte, die zeigt den Anbau. Er ist also genau so alt, sah aber etwas anders aus. Es existierte einen Brunnen, eine Feuerstelle und eine Abwasserrinne. Wahrscheinlich wurde Gemüse angebaut und hier gesäubert. Die zwei Keller hier im Haus deuten auf das Verarbeiten und das Lagern von Wein, Obst und Gemüse hin.

      Das Haus war immer im Besitz der Familie Schlitzer. Viele auf das Ende des 19. Jahrhunderts gefundene Münzen und Zeitungen deuten darauf hin, dass Ende des 19. Jahrhunderts größer umgebaut worden ist.

      Aus der Zeit um 1930 wurden die Zeitungen als Untertapeten benutzt, dazu passen die Elektrokabel, die wir gefunden haben.

      Den größten Mist hat man in den 80iger Jahren gemacht, da hat man Fugen im Fachwerk mit Silikon zugemacht, die Balken mit Teer eingepinselt und die Rückwand und vor allem das Fundament mit Zementputz abgedichtet. Dann kam noch ein bisschen Styropor dazu.

    • Hat man da eventuell ein bisschen Angst? Sie greifen auf Ihren reichen Erfahrungsschatz zurück und können Ihre körperlichen Leitungsgrenzen ja sehr gut einschätzen.

      Deshalb ist diese Tour jetzt etwas Besonderes. Wir gehen von Meereshöhe auf 4840 m, dann runter in den Dschungel. Wir durchwandern sämtliche Klimazonen mit dem bisschen Gepäck und wissen noch nicht genau wie es funktionieren wird. Wir haben es noch nicht ausprobiert und haben nur die Berichte der Einwanderer. 25 km pro Tag gehen wir pro Tag, das ist nicht besonders sportlich. Aber wir folgen den Spuren dieser Menschen, in Baumwollhose und schlafen mit einer Wolldecke bei 4000 Metern bei knapp über 0 °C. Und darum geht es uns.

      Momentan überlegen wir wie wir Feuer machen können. Mit normalen Streichhölzern, mit Schwefel? Wie haben die Menschen damals Feuer gemacht? Wo finden Sie Informationen dazu? Die Menschen damals haben die Glut nie ausgehen lassen.

      Und das ist im Endeffekt auch das was wir mit dem Haus gemacht haben. Wir haben seit 3 Jahren keine Tour gemacht – wir haben uns gefragt: „Machen wir das? Okay, wir machen das. Aber wie geht das?“

      Also ist es auch ein Abenteuer sich auf ein neues Projekt einzulassen. Ist das Ihre Triebfeder, sich etwas zu erschließen, zu lernen, es umzusetzen und es zu erfahren?

      Ja, genau so und es auszuprobieren. Ich habe in alten Büchern aus dem 19. Jahrhundert gelesen, wie man Lehm mischt und welche Farben man nimmt, wie man den Kalkputz mischt.

      Also ist die Art zu bauen, sich an diesem Baustoff auszuprobieren undzu erfahren keine Extremleistung - sondern eigentlich eine Art die Ihrer Persönlichkeit entspricht – die Lust ein Abenteuer einzugehen.

      Ja, so ist es. Am Anfang war es ungewiss. Viele haben den Kopf geschüttelt. Für uns wäre es aber nichts gewesen in einer Neubauwohnsiedlung ein Haus zu beziehen.

    • Frank Hülsemann, Karl Schmitz

      Es gibt Menschen, auf die wird man durch irgendeine Eigenart aufmerksam.

      So war es bereitsbeim Kennenlernen dieses großgewachsenen bescheidenen Mannes, der kam und sagte, das er ein Fachwerkhaus renoviert.

      Beim ersten Besuch wurde klar, es war keine übliche Renovierung so wie es auch keinBauherr wie jeder andere war. Er schlief, wenn er auf der Baustelle war, in einer offenen Scheune mit Schlafsack auf einem alten Sofa, und hatte eine offene Feuerstelle mit Grill dort eingerichtet.

      Es war nicht nur eine Renovierung, er hat das Hausmehr oder weniger auseinander genommen, undwieder zusammengesetzt, so wie es mit Fachwerkhäusern nur geht ! Dabei hat er sich alles handwerkliche und fachliche angeeignet, so das dieses Haus jetzt wirklich von ihm durchdrungen ist. Diese Leistungfinde ich sehr bewundernswert, eine ganz besondere Geschichte !

      Karl Schmitz


      Haben Sie Materialien für ihr Haus wiederverwendet?

      Ja, wir haben hier ein geeigneten Lehm vor Ort. Es gibt auch keinen Grund, ihn nicht zu benutzten.

      Hinterher, hatten wir hier eine 2 x 2 x 2 Meter große Grube mit Lehm. Zusammen mit Sand und Stroh waren es schon ein paar tausend Euro, die wir gespart haben. Aber für den Putz nehmen wir dann Fertigmischungen aus dem Baustoffhandel.

      Ja, ist es, obwohl der Lehm auch tückisch reagieren kann. Bei Lehm kommt es immer darauf an, genau das Verhältnis von Sand zu dem bindigen Anteilen zu treffen, um die entsprechenden Eigenschaften zu haben. Ein 5 mm Lehmputz muss andere Eigenschaften haben als ein 15 mm Lehmputz. Aber wenn man sich überlegt, dass so ein Baustoff unter Umständen 300–400 Jahre alt ist und immer noch funktioniert, das faziniert mich.

      Ihr Artikel in der Zeitung erschien rechtzeitig zu unserem Gespräch, deshalb meine Frage: Sie gehen an Ihre Grenzen – beruflich und privat? Sie benutzten ihren Körper als Messinstrument. Sie sind ein Extrem-Sportler, kann man das so sagen?

      Das sagen manche. Wie definiert man das? Mir hat mal jemand, der so etwas Ähnliches macht wie ich, gesagt: „das ist Abenteuersport.“

      Ich hätte gedacht, dass Extrem-Sport bedeutet, dass man an seine eigene Leistungsgrenze geht.

      Da geh ich auch dran. Ich bin früher leistungsmäßig Mittelstrecke gelaufen – 1500 m, da ging auch ich absolut an mein Limit. Auf unseren Touren machen wir im Prinzip auch häufig nur Sachen nach, die andere Menschen vor uns auch schon gemacht haben. Ich habe die Atacama-Wüste zu Fuß durchquert, auf dem Weg eines deutschen Naturforschers, der 1855 schon dort war.

      Also Abenteuer ist für mich auch immer etwas, dass sich nicht ganz kalkulieren lässt. Frage: ist es ein kalkuliertes Risiko, durch so eine Wüste zu gehen?

      Ja, doch. Ich suche mir etwas aus, was mich interessiert und wir bis zu einem gewissen Punkt planen können. Danach geht darum, ob es funktioniert. Wenn ich durch die Wüste gehe (und ich habe kein Begleitfahrzeug dabei), dann setzte ich mich einen psychischen Druck aus. Ich habe gemerkt, wie „anders“ man reagiert. Das ist der interessante Aspekt. Ich setzte mich bewusst einer Situation aus, die an der Grenze ist, zu dem was ich leisten kann.

      Im Juli fliegen wir nach Peru und folgen den Spuren deutscher Einwanderer über die Anden. Mit Ausrüstungsgegenständen, die den Menschen damals zur Verfügung standen. Das heißt, ich habe eine Holzaxt dabei, wir haben Wollkleidung an, Lederschuhe und eine Pfanne. Kein Schlafsack, sondern Wolldecken. Kein Zelt und kein Begleitfahrzeug. Wir werden dorthin gebracht und nach drei Wochen am Zielpunkt wieder abgeholt.


    • Eine Email machte mich auf die Geschichte der „Dranbleiber“ aufmerksam.
      Das war vor mehr als zwei Jahren, und sie bezog sich auf eine Gruppe von Studierenden, die neue Wege des Zusammenlebens erproben wollten. In vielerlei Zusammenhängen wollten und wollen sie weiterhin auf eine sozial und ökologisch verträgliche Lebensweise achten!
      Sie hatten das Glück, einen Verein zu finden, über das sie ein renovierungsbedürftiges Haus kaufen konnten, welches sie in der Folge nach eigenen Vorstellungen gestalten wollten.
      Und – es hat geklappt! Sie sind tatsächlich drangeblieben und haben sich durchgebissen, das findet meinen allergrößten Respekt und meine Bewunderung.

      Karl Schmitz




      Interview – Die Dranbleiber

      Die Dranbleiber



      Wie würdet Ihr gerne leben? Und wo?
      Wir sind insgesamt zu neunt und haben zum großen Teil eine gemeinsame Vorstellung davon, wie wir leben möchten. Am Ende gibt es bei jedem eine eigene Vorstellung davon. Das, was uns verbindet ist, dass wir alle gerne in einer Gemeinschaft leben möchten – aber wie die Gemeinschaft aussehen soll, das variiert bei jedem von uns.
      Persönlich kann ich mir sehr gut vorstellen, dauerhaft mit mehr Menschen zusammen zu leben als mit einer Kleinfamilie – einfach – weil ich es so schön finde, zu Hause von Menschen umgeben zu sein, die mir immer wieder Input geben. Menschen, die mir von ihrem Leben erzählen und denen ich von meinem Leben erzähle. Menschen, zu denen eine Verbindung existiert, die fast familiär ist und mit denen man sich eine gemeinsame Routine und einen Alltag teilt, der sich an manchen Stellen überschneidet und an manchen nicht.

      Ist das wichtig für Dich wo Du lebst?
      Nicht so sehr – eigentlich fast gar nicht.

      Möchtest Du nur mit gleichaltrigen zusammen leben, ist Dir das wichtig? Könntest Du Dir auch vorstellen, mit älteren zusammen zu leben?

      Ich kann mir das auch sehr gut gemischt vorstellen - ich habe das allerdings auch noch nicht ausprobiert. Grundsätzlich kann ich mir das schon vorstellen. Ich glaube, da wird es dann eher schwierig, ältere Menschen zu finden, die das ausprobieren möchten. Für mich, an diesem Punkt, ist es noch ein engeres Zusammenleben. Es gibt ja sehr viele Wohnprojekte, in der jeder seine eigene Wohnung hat und es einen Gemeinschaftsraum gibt. Ich bin aktuell noch eher dafür zu haben, sich ein Haus zu teilen.


      Kanntet ihr euch vorher?
      Ja. Wir haben uns als Gruppe gefunden, weil wir gemeinsam studiert haben und uns kannten.

      Und habt ihr schon jemanden aufgenommen, den ihr vorher nicht kanntet und der nicht aus eurer Gruppe stammt?
      Wir haben jemanden, in der Hälfte der Projektzeit, also nach zwei Jahren, aufgenommen. Die Frau haben wir über eine Anzeige kennengelernt. Sie ist mittlerweile aber wieder ausgezogen.
      Seit diesem Jahr leben Johannes (unter dem Dach) und Aradom? aus Eritrea, der seit drei Monaten bei uns ist, mit uns. Wir hatten letztes Jahr kurzfristig einen Arzt aus Syrien zu Gast, der für drei Monate bei uns wohnte. Seitdem wir hier vor Ort wohnen, gibt es immer mehr Leute von außen, die dazu kommen.

      Gibt es mehr Männer oder Frauen?

      Wir hatten das Thema bei der Ausschreibung für die neuen Zimmer und es war uns wichtig ein ausgeglichenes Verhältnis zu haben. Bislang hat es sich immer so ergeben.


      Habt ihr Regeln für euer Miteinander definiert?
      Es gibt auf jeden Fall Konventionen, ja, im Sinne von gemeinsamen Gewohnheiten im Alltag, was ein gewisses Maß an Sauberkeit und Disziplin am Bau angeht. Aber nicht in Form eines Regelsets. Wir besitzen zum Beispiel keinen Putzplan oder keine sonstigen Pläne.
      Und dann haben wir die Regel, dass manchmal jemand vorbeikommt und Kaffee und Erdbeeren mit Sahne vorbeibringt.
      Super Regel! (Ein Lachen, Kaffee und Erdbeeren mit Sahne werden serviert. Danke noch einmal dafür :-) )

      Habt ihr im Miteinander eine Vision der ihr folgt?

      Na ja, unser Name leitet sich eigentlich von unser Vision ab. Dran-bleiben, das war der Ansatzpunkt für uns.
      Wir haben vor einigen Monaten ein Rekapitulation-Treffen veranstaltet. Dort hat sich herausgestellt, dass verschiedene Leute schon von der Anfangsphase verschiedene Erinnerungen hatten.
      Aber das Dranbleiben leitet sich an der Idee des „gemeinsamen Lebens“ daran zu bleiben, ab. Lukas und Markus hatten die Idee, als Gruppe ein gemeinsames Leben in einem Haus aufzubauen. Wie es genau aussehen sollte, war noch gar nicht klar. Zuerst hatten wir die Überlegung, ganz unverbindlich, in einer WG zu starten, und dann weiter zu gehen.
      Dran-bleiben an den sozialen Beziehungen, die wir schon hatten – an verschiedenen Stellen. Und auch an unseren Projekten. Wir haben in Bayreuth zum Beispiel eine Hochschulgruppe aufgebaut. Dieses gemeinsame – an einem Ort bleiben – eben um nicht ständig eine Skype-Konferenz starten zu müssen, war einer der Gedanken – der Gedanke eines gemeinsamen Hauses, für Menschen die gerne etwas verändern möchten.

      Möchtet ihr etwas verändern?
      Ja. Wir versuchen das im Kleinen, einmal als Modell im gewissen Maße, Stück für Stück.
      Wir kamen aus einem hochschulpolitischen Engagement zusammen. Aus diesem Kontext heraus, in dem wir uns gemeinsam an der Hochschule kennengelernt haben, ist es jetzt eine andere Art des Engagements geworden – auch deshalb weil die Aufgabe der Baustelle so groß geworden ist.
      Und jetzt ist, wie Christiane gerade gesagt hat, die Bau-Aufgabe ja fast fertig. Jetzt haben wir wieder Zeit uns Gedanken zu machen, was für Projekte kommen werden.

      Wie habt ihr denn den Kontakt zu FreiRaum Alfter e. V. hinbekommen?
      (FreiRaum Alfter e. V. ist der Verein, der dieses Objekt gekauft hat, es anschließend den Dranbleibern zur Verfügung gestellt hat und dann eine Vereinbarung mit euch getroffen hat.)
      Der Verbindung kam über eine gemeinsame Bekannte zustande, die den Hinweis gab. Wir haben uns mit dem Vorstand getroffen und es war für die Gruppe dann relativ schnell klar, dass wir mit dem Verein einen gemeinsamen Weg gehen wollen.. Wir hatten dies auch protokolliert und Anfang dieses Jahres nochmal rein gelesen .
      Dass der Verein so eine krasse Gestaltbarkeit erlaubt – das macht für mich eine hohe Qualität aus und gehört ein Stück weit zu meinen Idealen. Dass man nicht eingekesselt ist von den ganzen Vorschriften, den Wünschen des Vermieters und dass man ein Stück weit auch einfach selbst gestalten kann. Und auch MUSS - denn das haben wir ja dann auch jetzt am eigenen Leib selbst erfahren. Aber zu diesem Punkt kommen wir ja noch. Prinzipiell finde ich den Gedanken schon ziemlich gut und das ermöglicht dieser Rahmen des Vereins sehr gut.
      Das ist ein großes Potenzial und das wollten wir dann auch nutzen.

      Das alles hat viel mit Dranbleiben zu tun.
      Ja. Was die Idee und auch den Prozess angeht. Ja.

      Vielleicht könnt ihr ja mal resümieren, was sich alles innerhalb dieser zwei Jahren so zugetragen hat?

      Dieses Haus war ein altes Bauernhaus, indem das Wasser überall herunterlief. Ich kann mich noch an die vielen Eimer erinnern, hier, wo wir jetzt sitzen. Ihr habt, mit Hilfe eines Architekten, angefangen zu planen und für euch, sehr schnell definiert, welchen Standard ihr hier haben möchtet. Was für euch wichtig ist. Wie kam das Schlagwort Ökologie in Spiel?


      Kannte sich einer von euch im Vorfeld mit Architektur oder dem Bauen aus?
      Nein. Lukas und Markus waren, so glaube ich, diejenigen, die mit ihren Vätern schon herumgewerkelt haben. Also Heimwerkern war das Maximum und ich konnte nicht mal das. Von Anfang an waren wir darauf ausgerichtet, ökologisch einzukaufen und einen nachhaltigen Lebensstil zu pflegen. Der Anfang war, rein geistig, eine glatte Überforderung. Wir hatten gar nicht über ökologische Baumaterialien nachgedacht.
      Alles fing mit Gips-Putz an. Und keiner hatte sich Gedanken darüber gemacht - bis dann irgendwann dieser Punkt kam – hey – ökologisches Bauen – stimmt! Beim Bauen muss man ja auch darauf achten. Und dann kam Karl. (lachen)
      Mit jeder Menge Material … und mit jeder Menge Anforderungen … und mit Herausforderungen.


      Karl Schmitz: ich habe damals gefragt, warum macht ihr nicht die Küche nach oben? Und warum nach unten? Das war schon alles klar für euch. Unten sollte die Küche, hier oben das Wohnzimmer rein. Wichtig war, dass der Raum ja eigentlich ein Loch war, kein Wohnraum. Unten waren noch Löcher drunter, die zur Kanalisation führten. Bei diesen Bauvorraussetzungen würde es schwierig werden, den Raum trocken zu bekommen. Deshalb hatte der Lehm anstatt des Gipsputzes eine ganz wichtige Funktion, damit der Raum die stoßartige Feuchtigkeit, die beim Kochen entstehen, auch wenn 10 Leute am Tisch sitzen, ausgleichen kann. In diesem Fall müssen die Materialien unheimlich viel leisten. Und das kannst Du mit ökologischen Materialien viel besser darstellen. Und so steht die Bauphysik gleichwertig neben der Ökologie.Ja, das war echt eine gute Eröffnung.
      Nein, eigentlich eine Rettung. Von diesen sonstigen Beratungen mal abgesehen, wenn wir dort unten jetzt mit Gips-Putz leben würden – das wäre eine totale Katastrophe.
      Und auch wenn wir nicht kochen – wenn fremde Leute kommen und wir alle unten in der Küche sitzen – dann merkt man das sofort.




    • Um nochmal zu rekapitulieren – ihr habt euch beworben – seit angefangen – habt die Finanzierung gesichert. Und wie habt ihr dann die Arbeiten verteilt? Wie geht man da vor?
      Zur finanziellen Seite:

      Also, das Haus gehört am Ende des Tages dem Verein. Was wir gemacht haben und weswegen wir auch von Anfang an einen klaren Plan hatten, was wir hier machen wollen, war, dass wir Kredite beantragen mussten, in denen schon die ganzen Umbaumaßnahmen mit verpackt waren. Diese zwei Grundpakete, diese beiden Kredite, werden jetzt über unsere Mieten zurück gezahlt. Wir haben uns so unsere Mieten, die wir jetzt zahlen, selbst zusammen gerechnet.
      Das hieß von Anfang an, dass wir eine riesige Kostenauflistung erstellen mussten. Wir mussten einen detaillierten Umbauplan aufstellen, um sicher zu stellen, was auf uns und den Verein zukommen würde. Es passte nicht ganz, aber im Großen und Ganzen hat es schon hingehauen.
      Und dann hat es sich, im konkreten Baufortschritt, immer aus der Lebensrealität im Haus ergeben, was als nächstes dran war. Es war klar, wir brauchten schnell einen vernünftigen Raum zum Essen und Kochen. Die Küche war also unser erstes großes Projekt im ersten Sommer. Und dann war klar, die Frist zur Tilgung des zweiten Kredits rückt voran, sprich, wir brauchen die Mieten, damit wir zurückzahlen können und damit Räume, die bewohnbar sind, damit Leute dort wohnen können, die Miete zahlen können. Dann war klar, es steht das Bad an. Dann war klar, es fehlt das Wasser. Und das waren dann die großen Bauabschnitte. Und so war dann auch im Kleinen klar, was als nächstes folgen würde, damit es weitergeht.

      Also, wenn wir jetzt mal über Räume reden, ich wüsste jetzt nicht, wie man einfach mal so einen Fußboden verlegt.
      Wir haben zum Glück den Markus dabei. Markus hat eine Lehre als Zimmerer angefangen und hat einfach über die ganze Zeit sehr viel Wissen aufgebaut. Der ganze Fußboden stammt von ihm, das ist sein Werk. Und er hat auch den ganzen Dachstuhl zusammen gerechnet und geplant. Dieses Objekt hier, ist glaube ich, auch sein Meisterstück. (Er ist auch ein kleiner Freak :-))
      Es war auch so, dass wir von erfahrenden Leuten gelernt haben. Über Karl zum Beispiel viel. Auch über Väter, die am Wochenende, hier auf der Baustelle gestanden haben. Aus dem Verein selbst kam auch sehr viel Unterstützung, dort gibt es auch einen Architekten.
      Sonst sind wir auch auf Google gewesen – Sie haben eine nasse Wand? – da hilft einem das Netz! Man liest sich Foren durch und klickt sich tatsächlich durch You-tube-Videos.
      Nur bei Elektrik – da hat der Johannes mal ein Buch bestellt. „Elektrik für Anfänger.“ Das einzige Buch. :-) Das sind so die Wissensquellen. Erfahrungswissen und Trial-and-Error.
      Vor allem bei Herstellern. Und natürlich dumme Fragen stellen - haben wir oft gemacht. Damit kenne ich mich aus .-) Meistens helfen die Händler.

      Was ich faszinierend fand, ich hatte fachlich mal mit Steffi zu tun, mit Theresa und mit Dir, Christiane, was den Fußboden angeht. Das heißt, ihr habt euch auch die Wissensgebiete aufgeteilt und auch die Verantwortung. War das Programm?

      Ja, es ging auch gar nicht anders. Wir hatten nicht so viele Handwerker und es ist wichtig in so einer großen Gruppe auch Ansprechpartner zu haben.
      Ich habe mich zum Beispiel um die Dachziegel-Berechnung und Bestellung gekümmert. Man macht auch Fehler, aber es ergibt wenig Sinn zu neunt Dachziegel zu bestellen. Wir haben versucht, die Arbeit zu verteilen, haben auch viel Rücksprache gehalten und uns abgestimmt.
      Beim Fußboden habe ich mich immer mit Markus abgestimmt, der sich da auskannte. Es ist dann auch viel bei Markus gelandet, weil der einfach viel Ahnung hat. Lukas ist unser Elektro-Fachmann. Der hat sich um die Steckdosen gekümmert.
      Starkstrom habe ich gelegt - allerdings nicht verdrahtet. Bei schwierigen Dingen haben wir uns immer Externe und Profis geholt. Den Starkstrom, das ganze Anschließen und die Sanitärarbeiten hat immer ein Fachmann gemacht. Und die Blecharbeiten am Dach.

      Wie war die Zusammenarbeit mit externen Firmen?
      Unterschiedlich.
      Unterschiedlich.
      Ich kann vielleicht für mein Gebiet sprechen - ich bin für Elektro und Sanitär zuständig.
      Da hatten wir gemischte Erfahrung. Der Sanitärbereich war super. Das war ein totaler Profi, in der Beratung und in der Ausführung. Das hat richtig Spaß gemacht. Darauf konnte man sich total verlassen. Die Absprachen haben immer funktioniert, auch wenn klar war, dass ich nicht so viel Ahnung habe.
      Er hat es mir immer so erklärt, dass ich nachher eine verantwortungsvolle Entscheidung treffen oder die Gruppe mit ins Boot holen konnte, das war echt gut.
      Bei der Elektro war ich ein bisschen zwiegespalten. Die Arbeit hat am Ende gepasst und war akkurat. Aber am Ende war sie vielleicht auch teurer, das hätte nicht unbedingt sein müssen.
      Der einzige Bereich, indem wir schlechte Erfahrungen gesammelt haben, waren die Blecharbeiten. Also, ich habe mich am Ende darum gekümmert und es hat sich herausgestellt, dass meine Fachwissen nicht reicht. Markus hat dann immer die Fehler gefunden (wir haben leider feststellen müssen, dass die Leute einige Fehler gemacht haben) und mussten also ständig zum Korrigieren kommen.
      An dem Punkt habe ich festgestellt, wie krass wichtig es ist, das man sich auf die Handwerker verlassen kann und das man Profis hat, die sich auch auf der Baustelle auskennen und die Arbeiten kontrollieren.
      Man kann ohne Fachwissen nicht kontrollieren, jetzt kann ich verstehen, das manche Leute sich einen Generalunternehmer holen.

      Hast Du den Eindruck gehabt, dass Du, als junge Studentin, nicht ganz ernst genommen wirst?
      Also, mich haben die teilweise nicht so ernst genommen, aber das war auch berechtigt …, ich hatte auch keine Ahnung. Bei einem Fachhändler haben wir als Frauen sehr schlechte Erfahrung gemacht, auch wenn man Ahnung hatte. Ansonsten habe ich eigentlich ganz positive Erfahrungen gemacht. Teilweise wurde man eher wie ein Kind angesprochen, aber das war auch nicht schlecht, so wurden mir die Sachen immer sehr ausführlich erklärt.
      Aber wenn ich ernst genommen werden wollte, hat das auch immer funktioniert.

      Jetzt besteht das Bauen ja unter Umständen auch aus Kompromissen, zwischen Anspruch und dem was machbar ist, finanziellen oder sonstigen Komponenten. Wie komme ich zu einer Entscheidung, wo mache ich denn Abstriche? Wie könnt ihr das beschreiben? Wo ist das bei euch aufgekommen?
      Ja, unser Kompromiss war im Grunde, über zwei Jahre jedes das Wochenende zu verbraten.
      Ich würde sagen, wir hatten einen gewissen Anspruch, was man auch sieht. Ich denke wir hätten die ganze Nummer auch mit weniger Aufwand für uns selber haben können. Das hätte sich aber dann im Raum niedergeschlagen. Markus wollte zum Beispiel so ein Fensterbrett haben, dafür hat er sich dann zwei Tage in die Firma gestellt und gearbeitet. (er hat es verleimt und aufgedoppelt) Da steckt Arbeit drin. Und dann die Montage. Es gab Standards, unter die sind wir nicht drunter.


      Die Verbindung zum Haus und dieses Geschenk, ein Haus zu gestalten, kann einem keiner nehmen.Ich kann ein Haus zurechtmachen, auch ohne Fachmann zu sein. Ich kann das, wenn ich das will. Und das ist eine Qualität, die euch niemand mehr nehmen kann. Es ist eine tolle Erfahrung. Und die fließt auf jeden Fall zurück. Wir zusammen können das. Ich alleine könnte das nicht. Die Konstellation von Menschen konnte das.


      Wenn ihr heute nochmal so ein Projekt machen, würdet ihr etwas anders machen?
      Ich kenne mindestens eine, die das nicht machen würde.
      Mein wichtigster Punkt, wir konnten den Umfang überhaupt nicht absehen. Wenn ich gewusst hätte, was so ein Projekt für einen Rattenschwanz nach sich zieht, dann wäre ich da so nicht reingelaufen. Was es an Lebensalltag gebracht hat, war totaler Wahnwitz. Trotzdem würde ich sagen, es war die richtige Entscheidung da rein zu laufen. Und das finde ich nicht widersprüchlich. Aber konkret, was die Expertise-Frage angeht, wäre ich noch früher auf Fachleute, wie Dich, Karl, zugegangen.
      Und auch was die finanzielle Seite angeht, hätte ich mir noch früher Erfahrung eingeholt weil wir über die Zeit in der Gruppe festgestellt haben, das Erfahrungswissen extrem viel wert ist. Wenn man zu wenig Erfahrung besitzt, kann man so eine Kostenkalkulation nicht einfach so zusammenschustern. Das geht einfach nicht. Ich weiß noch, wie wir die erste Tabelle gebastelt haben. Wir haben mal eben mit Werten aus dem Internet gearbeitet. Da braucht man von Anfang an eine fachmännische Betreuung. Tja, und die hatten wir halt nicht. Das ist so eine Sache.


      Also, ich vermute, dass das immer passiert, das man sich an manchen Punkten verkalkuliert. Es war jetzt nicht so, dass wir uns komplett verkalkuliert haben, ich finde unsere Kalkulation eigentlich ganz gut so, im Vergleich dazu was jetzt herausgekommen ist.
      Meine wichtigste Erfahrung ist: fast ohne Ausnahme: es immer mehr Arbeit als man denkt! Es dauert immer länger! Wir dachten, wir schaffen das in einem Bruchteil der Zeit. Ich persönlich würde es wieder machen, wenn ich wüsste was es bedeutet. Ich kann mir auch vorstellen, es noch einmal zu machen. Nicht nächstes Jahr, aber so grundsätzlich. Aber da bin ich, glaube ich, in der Minderheit. Wir haben es grandios unterschätzt, aber das ist gut, denn sonst hätten wir es nicht angefangen.

      Und so aktuell, muss jetzt noch etwas gemacht werden? Gibt es noch Handlungsbedarf? Wie geht es weiter?
      Es müssen noch ein paar Leisten angebracht werden, es müssen noch ein paar Acryl-Fugen gezogen werden und dann gibt es noch ein Bad zu sanieren. Und wir haben noch den geheimen Plan, da unten eine Sauna einzubauen. Dafür müssen wir noch den Karl anrufen :-)
      Also, dass was wir ‚Bau‘ genannt haben, ist jetzt vorbei. Es ist immer noch genug zu tun, aber jetzt können wir erst einmal komplett wohnen. Es sind alles Sachen, die man angehen kann, wenn man Zeit und Lust dazu hat.


      Wie ist das denn mit dem eigenen Haus, muss man eigentlich immer weiter sanieren?

      Wir haben schon wieder eine Kostenkalkulation für die nächsten paar Jahre entworfen, eher aus Vorsorgegründen, für den Verein, damit klar ist, was auf das Haus zukommt. Das sind jetzt aber alles Dinge, die nicht akut brennen, wenn man mit dem Standard leben kann, der gerade da ist.

      Danach wurden wir durch dieses Haus geführt. Wir haben uns alle Räume anschauen dürfen und auch viele Hausbewohner kennengelernt. Vielen Dank dafür.


      Kennt ihr ähnliche Projekte?
      Ja, ich habe in Leipzig schon so Projekte gesehen, aber nicht so Bau-intensive. Ich kenne Wohnprojekte mit mehreren Leuten. Ich habe eine Freundin, die wohnt in Thüringen, in einem ähnlichen Haus. Allerdings wohnt sie zur Miete.
      Was aber die Selbstorganisation und die Altersstruktur angeht – das habe ich auch schon in anderen Häusern gesehen. Aber wir hatten kein Modell oder Vorbild, das wir verfolgt haben.


    • Wir haben uns ein paar kurze Begriffe ausgesucht, die wir euch gerne an den Kopf werfen würden.

      Ökos:
      lachen… da fällt mir persönlich die Farbe grün ein.
      Und dann fallen mir die klassischen Vorurteile ein.
      Birkenstock.

      Gemeinschaft:
      Eine Aufgabe.
      Beziehung, Erfüllung, Konflikte und Aufgabe.

      Nachhaltigkeit:
      Wichtig. Wenn ich es irgendwo groß drüber steht, dann heißt es für mich erstmal nichts mehr.
      Aber Nachhaltigkeit als tatsächliche Nachhaltigkeit halte ich für wichtig.
      Für mich ist mittlerweile ein leerer Begriff, damit kann ich nicht mehr viel anfangen.
      Aber es wichtig: das was ich gerne damit verbinden würde, ist wichtig.

      Geld:
      Mittel zum Zweck. Und mittelgut.
      Die Grundlage unser heutigen Gesellschaft und ein Phänomen, das bislang noch nicht in all seiner Tiefe verstanden wird. Was die Wirkkraft des Phänomens angeht, was es mit uns persönlich macht und mit der Gesellschaft, wird nicht in dem nötigen Maße reflektiert.

      Grünkern-Bratlinge:
      Mama.
      Ich würde Hamburger sagen.


      Zufriedenheit:
      Steht für mich alleine. Eher die Antwort als die Frage.
      Gestaltung, vielleicht.

      Veganismus:
      Dogmatismus. Aber ich habe oft Probleme mit den Endungen -ismus.


      Ihr Lebens-Motto:
      Zufriedenheit

      Sauna:
      Karl
      Die schönste Nebensache der Welt


      Doppelkopf:
      …ist schon hart


      Zum Abschluss: „Möchtet Ihr uns noch etwas mit auf den Weg geben? Einen Rat an die Community?“
      Habt ihr einen Wunsch an die Community Ökobau Deutschland? Habt ihr offene Frage an die Community Ökobau Deutschland? Was ihr euch vorstellt? Oder der ökologischen Bewegung?

      Ich würde gerne auf das Grundthema Bau zu sprechen kommen, was am Anfang für uns ja gar kein Thema war, weil wir es gar nicht mit Ökologie in Verbindung gebracht haben. Das Thema mussten wir ja erst für uns entdecken.

      Ich habe den Endruck, das es in dieser Branche ein Problem gibt. Und es ist mein Eindruck, das wir dieses Problem in ganz vielen anderen gesellschaftlichen Feldern auch haben.
      Ökologie beschränkt sich nicht nur auf den Bau. Wenn sich euer Verein, für diesen grundlegenden Gedanken der Ökologie stark macht, dann wäre eine Verbindung mit auch mit anderen Netzwerken gut, denn so wird es in jedem Fall noch größere Wirkmacht entfalten. Dies ist ein Wunsch.
      Die Ökobewegung war ja mal sehr stark. Stärker als heute im jedem Fall. Vielleicht ließe sich daran anknüpfen, wenn ihr euch mehr vernetzt, um noch mehr Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken. Das ist mein Ratschlag, aus dem Bauch heraus.
      Und ich bin sehr dankbar, dass es euch gibt und dass ihr dieses Thema pusht, denn das Thema ist sehr wichtig. Ich werde in meinem Leben in jedem Fall keinen normalen Gips mehr kaufen.
      Der Anspruch, mit dem Hausbau, das Klima zu schützen, ist ja bei allen angekommen. Schon alleine durch den staatlichen Zwang. Aber auch bei den Materialien darauf zu achten, und vor allem darauf, wie die Materialien hergestellt werden und was es an Energieaufwand bedeutet, das wird noch stark vernachlässigt und hat sich noch nicht durchgesetzt. Das ist natürlich typisch. Dieser Punkt, ist meiner Meinung nach, sehr wichtig ist. Das dieses sich Verhalten ändert. Das wir das ändern. Ihr das ändert. Das ist natürlich eine riesige Aufgabe, ein Stück weit politische Lobbyarbeit zu leisten und ein Bewusstsein zu schaffen.
      Wenn ihr euch im Sinne einer starken Ökologie-Bewegung verbindet um den ökologischen Gedanken in die Gesellschaft tragt, dann ist es wichtig zu wissen, was man genau damit meint und in die Gesellschaft tragen will. Stichwort: Bewusstseinsarbeit. Ich glaube, es ist wichtig ein konkretes, greifbares Verständnis dafür zu entwickeln.
      Was vielleicht auch eine Aufgabe für uns ist.


      Herzlichen Dank für das interessante Gespräch und den schönen Nachmittag.
      Karl Schmitz, Vera Lohmann


    • Mai 2016

      Ein „Ö“ ist nicht einfach nur ein “Ö“. Wenn man genau hinschaut, dann entdeckt man viele Dinge. Als erstes sieht man ein Oval, oder vielleicht auch einen Ring oder Kreis. Diese Grundform vermittelt innere Kraft, Sicherheit, Ursprung, Verbund und auch Zusammenschluss. Unterteilt man diese Form farblich in zwei Hälften, dann entsteht eine Verbindung zwischen zwei Teilen, ein Kräfteverhältnis und eine Dualität. Diese Dualität schließt den Zusammenhalt und das Zusammenwachsen nicht aus.

      Betrachten Sie die beiden Pünktchen, so entdecken Sie plötzlich zwei Menschen. Diese Menschen sind im Miteinander zugewandt, freundlich, helfend und im Austausch begriffen.

      Dieser kleine Buchstabe „Ö“ steht in vielen Wörtern: In Öko, Öko´s oder Ökologisch. Diese Begriffe wurden einige Zeit mit Argwohn betrachtet.

      Wir von Ökobau glauben, dass diese Begriffe zeitlos und gut sind. Dieses kleine „Ö“ repräsentiert die Inhalte und Ziele von ÖkoBau und stellt sie wieder in den Mittelpunkt; rückt sie in den Focus des Betrachters.

      Selbstbewusst, stark, freundlich und engagiert.



Konversation wird geladen